Ich nehme den 200. Todestag der britischen Autorin Jane Austen zum Anlass, ihren ersten Roman Sense and Sensibility (1811) in der Neuübersetzung von Andrea Ott (Manesse) zu lesen. Für einen Vergleich mit bisherigen Übertragungen bietet sich schon der erste Satz an: «The family of Dashwood had been long settled in Sussex.»
Ins Rennen steigen Ruth Schirmer (ebenfalls Manesse/btb), Erika Gröger (Diogenes), Angelika Beck (Insel), Ursula und Christian Grawe (Reclam), Manfred Allié und Gabriele Kempf-Allié (S. Fischer) sowie Helga Schulz (dtv).
Die sieben deutschen Übersetzungen bringen es erstaunlicherweise auf sieben unterschiedliche Varianten.
Vier Mal ist von der «Familie Dashwood» die Rede. In den übrigen Fällen heisst es einfach «Die Dashwoods». Etwas aus der Reihe tanzt die Diogenes-Übersetzung von Erika Gröger: «Die Dashwoods waren eine alteingesessene Familie in Sussex.» Es ist die einzige Übertragung, die für «had long been settled» nicht auf das Wort «ansässig» zurückgreift. In den übrigen Fällen wird die Dauer in kleinen Variationen wiedergegeben: «schon lange», «schon seit langem», «seit langem», «seit langer Zeit schon» und «lange … gewesen».
Übrigens: Der alliterative Titel Sense and Sensibility bleibt am ehesten noch in den Titeln zweier Verfilmungen erhalten: Sinn und Sinnlichkeit. Die deutschen Buchtitel warten wiederum mit Variation auf: Verstand und Gefühl – Vernunft und Gefühl – Gefühl und Vernunft – Gefühl und Verstand.
Es war auch nicht zu erwarten, dass man einen Roman Kognition und Emotion betitelt.
Oder schlicht: Kopf und Herz.
Jane Austen. Vernunft und Gefühl. Aus dem Englischen von Andrea Ott. Nachwort von Denis Scheck. Zürich: Manesse, 2017.
Siehe auch den Medientipp «Austen für alle» in Akzente 4 (2017): S. 35 und den Essay «Wie lispelt man auf Deutsch?» in der NZZ vom 7.12.2019, S. 47.