Heute kann man sich Programme wie «SelfControl» auf dem Computer installieren, um für eine definierte Zeitspanne nicht gestört zu werden. Der Produktivität steht dann fast nichts mehr im Weg. Gegen die lauten Nachbarn, Musik aus dem Nebenzimmer, Kindergeschrei vor dem Haus, hupende Autos und bellende Hunde setzt man sich einfach noch den teuren Kopfhörer mit «Noise-Cancelling-Technologie» auf. Noch ein letztes Mal kratzen, wo es juckt, Nase und Brille putzen. Auf dem Klo war ich schon, und ein Glas frisches Wasser oder eine Tasse Kaffee steht ebenfalls bereit.
Gleich geht’s los.
Das Schreibprogramm wird im Vollbild-Schreibmodus geöffnet. Die erste Idee wartet schon hinter der Ecke. Sie traut sich erst hervor, wenn ich wirklich ganz und gar bereit bin. Zur heiteren Auflockerung schreibe ich schon mal den Satzanfang «A Saturday afternoon in November was approaching …» (und denke an den Monty-Python-Sketch «Novel Writing»).
Gut. Nun sind alle Hindernisse aus dem Weg geräumt. Oder habe ich noch etwas vergessen? Irgendwie will es doch nicht recht. Da ist noch diese innere Unruhe, für die es keinen Ein/Aus-Schalter gibt. «SelfControl» ist auf zwei Stunden programmiert. Da hilft auch kein Neustart. Ich könnte mich so lange aufs Ohr legen. Oder ein Buch lesen. Nein, ich will und muss jetzt produktiv sein.
Nach einer halben Stunde greife ich mir mein schwarzes Notizbuch, setze mich unten ins lärmige Café … und kann endlich schreiben. Oder besser noch: Ich hebe mir das für später auf, damit ich etwas habe, worauf ich mich freuen kann, wenn ich wieder zu Hause bin. – Vielleicht schreibe ich einen Mediensplitter zum Thema Prokrastination.
Aber es eilt ja nicht … Morgen ist auch noch ein Tag.